Dekanatssynode empfiehlt Gemeinden verstärkte Zusammenarbeit
Kirchliches Zukunftsmodell „Kooperationsraum“
Künftig sollten Pfarrstellen nicht mehr einzelnen Kirchengemeinden, sondern neu zu bildenden Kooperationsräumen zugewiesen werden, so der Vorschlag des Dekanatsvorstands, den der stellvertretende Dekan, Pfarrer Andreas Specht, vorgestellt hatte. Dabei seien Pfarrer nicht mehr einzelnen Kirchengemeinden zugeordnet, sondern gemeinsam für die Gemeinden zuständig. Für die beteiligten Pfarrer könnten sogenannte Seelsorgebezirke verabredet werden, die den Grenzen der Kirchengemeinden entsprechen.
Die Eigenständigkeit der Gemeinden bleibt nach diesem Modell unangetastet, sofern sie sich nicht zu neuen, größeren Gemeinden zusammenschließen wollen. Kleinere Gemeinden wie etwa Königsberg in Biebertal hätten damit auch zukünftig gute Chancen pfarramtlich versorgt zu werden, so Specht. Die Gemeinden können ein gemeinsames, zentrales Gemeindebüro für die jeweilige Region aufbauen. Für Gemeindemitglieder hätte es den Vorteil längerer Öffnungszeiten. „Kooperationsräume bergen Chancen und sind nicht als Rückzug zu verstehen“, sagte Specht.
„Menschen wünschen sich von der Kirche größere Flexibilität“
Zurückgehende Mitgliederzahlen und veränderte gesellschaftliche Verhältnisse zwingen die Kirche zur Anpassung ihrer Strukturen. Darauf hatte Specht bereits zu Beginn der Diskussion hingewiesen. Die wenigsten Menschen lebten heute ihr Leben am selben Ort. Damit sei „die Bindung an ein und dieselbe Kirchengemeinde immer weniger wichtig“. Angesichts zunehmender Mobilität müssten Menschen erfahren können, „dass Kirche überall für sie da ist und ihnen Heimat und Begleitung bieten kann“. Familien, die heute quer durchs ganze Land verteilt lebten, „wünschen sich auch von der Kirche ein größere Flexibilität, damit sie mit ihren persönlichen Bedürfnissen Berücksichtigung finden können“, so Specht. „Wo drei oder vier Gemeinden zusammen einen Kooperationsraum bilden, kann in einer Kirche ein Taufsamstag angeboten werden und für alle bleiben immer noch zwei oder drei Sonntagsgottesdienste zur Auswahl.“
Nach einer kontroversen Aussprache zum Thema empfahl die Synode den Kirchengemeinden, bis zum Sommer Beschlüsse darüber zu fassen, ob benachbarte Kirchengemeinden so genannte „Kooperationsräume“ bilden wollen.
Bei der Synode wurde bekannt, dass sich die Gießener Gemeinden Michael (Wieseck), Thomas und Paulus zu einer Gesamtkirchengemeinde zusammenschließen wollen. Kooperationsräume könnten nach Vorstellung des Dekanatsvorstands im Gießener Osten (Andreas, Luther, Wichern), in Gießen Mitte (Johannes, Lukas, Pankratius, Petrus), in Gießen Süd-West mit Heuchelheim (Kleinlinden, Allendorf, Heuchelheim, Kinzenbach) in Biebertal, in Fernwald und Pohlheim (Albach, Garbenteich, Hausen, Steinbach, Watzenborn-Steinberg) sowie in Langgöns und Linden (Großen-Linden, Lang-Göns, Leihgestern) entstehen.
Stellvertretender Dekan gewählt
Die Gemeindevertreter wählten Pfarrer Andreas Specht einstimmig zum stellvertretenden Dekan. Specht hat bereits seit Jahren Aufgaben eines Stellvertreters zunächst ehrenamtlich, später im Auftrag des Propstes wahrgenommen. Bis vor kurzem war er Gemeindepfarrer in Garbenteich. Seit dem Ausscheiden von Frank-Tilo Becher und bis zur Neuwahl eines Dekans oder einer Dekanin im Sommer hat er das Amt des Kommissarischen Dekans inne.