Pfingsten auf dem Schiffenberg
Der folgende Bericht ist von Barbara Czernek für die Gießener Allgemeine am 30. Mai. 2023. (Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.)
Kaum ein Ort ist so gut für Ökumene geeignet wie die ehemalige Klosterdomaine auf dem Schiffenberg, der ein ganz besonderer Spirit innewohnt, dem man sich kaum entziehen kann. Obwohl das Pfingstfest von den orthodoxen Christen erst in einer Woche gefeiert wird, beteiligten sich Pater Roman von der ukrainischen Gemeinde und Pfarrer Lahdo Aydin von der syrisch-orthodoxen Gemeinde ebenso daran, aus Zeichen der Verbundenheit. Schließlich wird an Pfingsten die Entstehung der Kirche in ihrer Diversität zelebriert, wie Pfarrer Erik Wehner, leitender Pfarrer des Pastoralraumes Gießen-Stadt, in seiner Predigt erläuterte. »Einheit durch Vielfalt« - dies galt für die Christen von Anfang an, denn laut der Apostelgeschichte verstanden alle Menschen, egal welchem Volk sie angehörten, die Botschaft Gottes in ihrer Sprache.
Er sei dankbar über dieses Fest, das weniger kommerzialisiert werden könne als andere christliche Feste, da es nicht so viele plakative Klischees in sich trage. Pfarrer Wehner bediente sich eines Ausspruchs des Augustinus: »Wenn du es begreifen kannst, dann ist es nicht Gott.« Schließlich sei Gott nicht eindimensional. Er habe bewirkt, dass sich alle verstünden, denn Einigkeit sei keine Frage der Sprache oder der Abstammung, auch wenn zurzeit Rückschritte im Bereich der Menschenwürde zu beobachten seien. In diesem Zusammenhang verwies er auf die Machtbestrebungen von Erdogan, Putin oder Trump, die das politische Klima vergifteten.
Dem müsse man eine Kultur der Verständigung und des Respekts entgegensetzen. »Wir dürfen auf den Heiligen Geist vertrauen. Er führt uns zu einander«, sagte Pfarrer Wehner. Der ökumenische Gottesdienst auf dem Schiffenberg bewies dies einmal mehr.
Ein gelungenes Beispiel dieser Vielfalt in der Einheit des christlichen Glaubens hatten die Zelebranten zuvor demonstriert: Die Lesung aus der Apostelgeschichte wurde in aramäisch, ukrainisch und deutsch vorgetragen und zollte damit den Respekt vor unterschiedlichen Riten innerhalb des christlichen Glaubens. Der gemeinsame Nenner innerhalb des Gottesdienstes wurde gesucht und gefunden, so dass christliche Gemeinschaft über Konfessionsgrenzen erfahrbar war. Dem Rechenschaft tragend, war die Kollekte für die jüdische Gemeinde bestimmt. Schließlich sei das Judentum der Ursprung, aus dem sich der christliche Glaube entwickelte. Darauf hatte Dekan André Witte-Karp hingewiesen.
Die musikalische Gestaltung lag in den bewährten Händen der Propsteikantorin Martina Sagorski und von Andreas Gramm. Feinfühlig leitete Sagorski den Chor der Petruskantorei, während Gramm den kraftvoll ertönenden Posaunenchor führte, dessen Mitglieder sich aus verschiedenen Blechbläsergruppen der Gemeinden zusammensetzten.
Am Rande der Feier wurde der Gemeindepädagoge Ulrich Berck vom evangelischen Dekanat für seine 20-jährige Tätigkeit geehrt. Auch am Sonntag war der umtriebige Pädagoge aktiv: Er leitete den Kindergottesdienst. Bei strahlendem Sonnenschein gab es anschließend genügend Gelegenheit zu Begegnungen.