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Pfarrer Günter Schäfer verlässt Frankenbach und Krumbach

Ein Berufsleben lang in Biebertal

Pfarrer Günter Schäfer war 33 Jahre Pfarrer in Frankenbach und Krumbach

Nach 33 Jahren lässt Pfarrer Günter Schäfer die Biebertaler Gemeinden Frankenbach und Krumbach hinter sich. Bevor er Ende 2021 in den Ruhestand geht, übernimmt er Vertretungsdienste in der Propstei Oberhessen.

Als der angehende Pfarrer das Pfarrhaus in Krumbach besichtigt, ist für ihn die Stellensuche beendet. „Das ist es!“, denkt Günter Schäfer und entscheidet sich für die Pfarrstelle in den Evangelischen Gemeinden Frankenbach und Krumbach. Das war 1987.
Jetzt geht sein Dienst, ein Jahr vor dem Ruhestand, dort zu Ende. Ein Berufsleben lang, mehr als die Hälfte seines Lebens, hat er in Biebertal gewohnt und gearbeitet. Und ist über die seelsorgerliche Arbeit des Dorfpfarrers hinaus auch zu einem aktiven Mitstreiter im Gemeinwesen und zum guten Beobachter für soziologische Veränderungen im ländlichen Bereich geworden.

Der junge Pfarrer kam in eine andere Welt

Knapp 20 Autominuten von seinem im Gießener Ortsteil Kleinlinden gelegenen Elternhaus entfernt, kommt Günter Schäfer in eine andere Welt. Die Dörfer gehören zum mancherorts erwecklich, pietistisch geprägten Dekanat Gladenbach. Doch selbst zwischen den zwei Kilometern voneinander entfernt liegenden Dörfern beobachtet der Pfarrer prägnante Unterschiede. Schmunzelnd sagt er heute, Frankenbacher seien ihm damals als mit einem gewissen „Beharrungsvermögen“, Krumbacher mit „Feierfreudigkeit“ gesegnet erschienen.

Ihm liegen Verwaltungsangelegenheiten

Neben dem Pfarrdienst in beiden Dörfern findet Schäfer Zeit und Gelegenheit, sich auch auf anderen Ebenen der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) zu engagieren. Gremienarbeit schreckt ihn nicht ab. Er bringt dort die Sicht der Gemeinden ein. Wiederholt ist er Mitglied des landeskirchlichen Parlaments, der Synode der EKHN, zuletzt seit 2016.

Verwaltungsangelegenheiten liegen ihm. „Bei mir gab es nie einen überquellenden Schreibtisch.“ Verwaltung hat eine „dienende Funktion“ unterstreicht er und kritisiert, dass „die rechtlichen Anforderungen in den letzten 30 Jahren um ein Vielfaches gestiegen sind“. Gesetzliche Rahmenbedingungen macht er dafür verantwortlich, doch auch die von der kirchlichen Verwaltung selbst gestellten Anforderungen. „Aber, wenn man die Verwaltungsinstrumente beherrscht, hat man den Rücken frei für die Gemeindearbeit“, weiß er aus langer Berufserfahrung. Bis heute schult er landesweit junge Pfarrerinnen und Pfarrer in Kursen „Fortbildung Erste Amtszeit“ zu Fragen des Haushalts, des Personal, zu Rechtsangelegenheiten oder zum Archivwesen.

Biebertaler wechselten das Dekanat

Als stellvertretender und zeitweise kommissarischer Dekan im Dekanat Gladenbach setzt er sich für den Wechsel der Biebertaler Gemeinden in das Dekanat Gießen ein. Die inhaltliche und räumliche Nähe zur Universitätsstadt Gießen und die vielen Alltagsbezüge dorthin sind Beweggründe für den Wechsel. Nachdem die Dekanatssynode Gladenbach einem Wechsel zunächst nicht zustimmt, wendet er sich an die EKHN-Synode. Dort wird dann dem Wechselbegehren mit großer Mehrheit zugestimmt. Bis heute habe er den Wechsel nicht bereut, so Schäfer. „Wir sind dort im Dekanat gut aufgenommen und angekommen.“ Bis 2009 lenkt Schäfer im erweiterten Gießener Dekanatsvorstand die Geschicke mit und bringt dort auch Biebertaler Interessen ein. Eine Zeit, auf die er noch heute mit sehr viel Freude zurückblickt.

Erfolgreiche Diakoniestation

Seit über 20 Jahren leitet er die Biebertaler Diakoniestation. Aktuell mit 35 Pflegekräften und einem tat- wie spendenfreudigen Förderverein ausgestattet, ist die Diakonie eine wirtschaftlich erfolgreiche Einrichtung. Dass ihr vor Ort, anders als in Gießen oder anderen Kommunen, keine ebenbürtige Konkurrenz erwachsen ist, schreibt er nicht nur der hohen Qualität, guter Haushaltsführung und einer effizienten Pflegetouren-Planung zu, sondern ebenso der Bodenständigkeit und Verwurzelung der Mitarbeitenden. Sie stammen mehrheitlich aus dem Biebertal und nicht wenige sprechen mit den alten Menschen sogar platt. „Dass sich die Diakonie um die Oma kümmert, ist für die Menschen hier selbstverständlich und das hält sie bei der Kirche“, begründet er das umfangreiche kirchliche Engagement in der Hauskrankenpflege.

Vereinsleben verkümmert

Insgesamt blickt er aber eher mit Wehmut auf die Entwicklung des Gemeinwesens im ländlichen Bereich. Menschen suchen weniger Geselligkeit in den traditionellen Strukturen, weder in den Kirchengemeinden noch in den Vereinen. „Natürlich gibt es in allen Altersgruppen noch verantwortungsvolles Handeln für die Gemeinschaft, aber individuelle Freizeitangebote haben in den zurückliegenden Jahrzehnten stark zugenommen.“ Das Vereinsleben in Biebertal verkümmert, beobachtet Günter Schäfer.

Neuordnung in Biebertal

Davon sind auch die beiden Kirchengemeinden Frankenbach und Krumbach betroffen. Wegen gesunkener Mitgliedszahlen steht beiden Gemeinden zusammen künftig nur noch ein halbe Pfarrstelle zu, die in einen gemeinsamen Stellenpool fließen. Denn die evangelischen Gemeinden am Dünsberg haben in diesem Jahr die Kooperation vereinbart.

Praktisch bedeutet das nicht nur effizientere Arbeit in einem gemeinsamen Gemeindebüro seit Jahresbeginn sondern auch enge Zusammenarbeit und Schwerpunktsetzung zwischen den Biebertalerer Pfarrerinnen und Pfarrer Neugeborn, Becker und Schweizer sowie dem oder der Neuen für die halbe Stelle.

Abschied Mitte August

Die Neuordnung wollte Günter Schäfer ein Jahr vor dem endgültigen Ruhestand nicht verkomplizieren und macht bis Ende 2021 im Auftrag des Propstes Vertretungsdienste in Oberhessen. Seine letzten Biebertaler Gottesdienste feiert er am 16. August. Doch bereits am 1. August zieht er mit seiner ebenfalls aus Kleinlinden stammenden Frau zurück in den Gießener Ortsteil und schließt mit schwerem Herzen das Krumbacher Pfarrhaus, in das er sich als Berufsanfänger schon verguckt hat, endgültig hinter sich ab.


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