Evangelische Kirche ist 70 Jahre alt
Happy Birthday Hessen-Nassau
Darmstadt / Friedberg, 30. September 2017. Am 30. September 1947 wurde die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) in Friedberg gegründet. Vor sieben Jahrzehnten trafen sich am letzten Wochenende im September Delegierte aus den drei früheren Landeskirchen Nassau, Hessen und Frankfurt zu einem „Kirchentag“, dem Vorläufer der späteren Kirchensynode. Einstimmig bestätigten sie in der Friedberger Burgkirche eine zuvor umstrittene Vereinigung der drei Landeskirchen, die sich schon 1933 unter dem Druck der Nationalsozialisten zusammengeschlossen hatten.
Kapitän an Deck der Kirche
Zum ersten Kirchenpräsidenten der EKHN wurde damals Martin Niemöller (1892-1984) gewählt. Die Entscheidung, den früheren U-Boot-Kommandanten aus dem Ersten Weltkrieg, Berliner Pfarrer, späteren Konzentrationslager-Insassen und persönlichen Gefangenen Adolf Hitlers zum leitenden Geistlichen zu wählen, war zugleich eine Richtungsentscheidung. Niemöller war einer der führenden Köpfe des „Kirchenkampfs“ im Dritten Reich. Er und seine Mitstreiter hatten sich als Mitglieder der so genannten Bekennenden Kirche vehement gegen eine Anpassung an den nationalsozialistischen Staat gewandt. Viele der Amtsträger der noch jungen EKHN verstanden die neue Kirche nun in dieser Tradition. Sie sollte nicht nur eine kämpferische, sondern auch eine basis-orientierte Gemeinschaft sein, die sich von der Gemeinde her aufbaut. Folgerichtig bekam die EKHN keinen Bischof, sondern einen auf Zeit gewählten Kirchenpräsidenten.
Am Rand der Spaltung
Die EKHN versteht sich seitdem als „streitbare, fromme und politische Kirche“, so heißt es auch im Selbstportrait auf der kirchlichen Internetseite ekhn.de. Beispielhaft aus der Geschichte der EKHN ist etwa die massive Auseinandersetzung um die Wiederbewaffnung Westdeutschlands in den 1950er Jahren. In den Folgejahren ging es die Atomenergie, um Nachrüstung und Startbahn West, um Niemöllers Moskaureise mitten im Kalten Krieg und in den 1970er Jahren um die Mitgliedschaft von hessen-nassauischen Pfarrern in der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP). Diese gesellschaftspolitischen Themen wurden seinerzeit heiß diskutiert und brachten die Kirche zuweilen an den Rand der Spaltung.
Von Flughafen bis Frauenfragen
Heftig stritt die EKHN zu Beginn der 1980er Jahre auch über die Frage, wie sie den Ausbau des Frankfurter Flughafens beurteilen sollte. Andere Themen, wurden nicht minder kontrovers und bisweilen emotional diskutiert, wie zum Beispiel die Frage der Frauenordination. 1988 wurde mit der Wahl von Helga Trösken zur Pröpstin in Frankfurt die erste Frau in Deutschland in ein bischöfliches Amt berufen. 1991 wurde der Grundartikel der Kirchenordnung geändert und der Abschnitt zur Frage „der bleibenden Erwählung der Juden und Gottes Bund mit ihnen“ eingefügt. 2002 diskutierte die Synode die Segnung homosexueller Paare und beschloss die Einführung einer gottesdienstlichen Begleitung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften. Schließlich wurden vor vier Jahren Segnungen und Trauungen weitgehend gleichgestellt.
Glauben in Gegenwart tragen
Gesellschaftliche Veränderungen und Herausforderungen bewegen die EKHN bis heute. Immer wieder versucht sie, den Glauben und seine Konsequenzen in unterschiedlicher Weise neu zu formulieren. Dahinter stand und steht bis heute die Frage, wie das Evangelium den Menschen der Gegenwart zeitgemäß nahegebracht werden kann, ohne seinen Kern aufzugeben.
Veranstaltungstipp:
„Feier-Abend“ am 30. September in Friedberg
Anlässlich von 70 Jahren Evangelischer Kirche in Hessen und Nassau laden das Dekanat Wetterau und die Evangelische Gemeinde Friedberg zu einem „Feier-Abend“ mit Musik und Gesprächen aus sieben Jahrzehnten ein. Am Samstag, 30. September, ab 19 Uhr sind in der Evangelischen Burgkirche in Friedberg (In der Burg) unter anderem der frühere und der amtierende Präses der Synode, Karl Heinrich Schäfer und Ulrich Oelschläger, die Stellvertretende Kirchenpräsidentin der EKHN, Ulrike Scherf, die frühere Pröpstin Helga Trösken und der frühere Propst Michael Karg sowie der Theologe Martin Stöhr zu Gast.