Kirchenpräsident führt 70 Lehrkräfte ein
Jung: „Religionsunterricht hilft kulturelle Verschiedenheit zu akzeptieren“
Offenbach, 11. Mai 2016. Über 70 evangelische Religionslehrerinnen und Religionslehrer aus dem gesamten Einzugsbereich der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) sind am Mittwoch (11. Mai) in Offenbach in ihren Dienst eingeführt worden. Bei einem feierlichen Gottesdienst in der evangelischen Markuskirche überreichte ihnen der hessen-nassauische Kirchenpräsident Dr. Volker Jung die sogenannte Bevollmächtigungs-Urkunde. Die Lehrerinnen und Lehrer, von denen 27 aus Offenbach und der Region stammen, dürfen nun mit allen Rechten und Pflichten evangelische Religion unterrichten. In Deutschland erhalten evangelische und katholische Lehrkräfte neben der staatlichen Befähigung auch eine kirchliche Vollmacht, die es ihnen erlaubt, Religionsunterricht zu erteilen. Die EKHN hat rund 1,6 Millionen Mitglieder und erstreckt sich von Biedenkopf im Norden bis Neckarsteinach bei Heidelberg im Süden und von Schlitz im Osten bis Bingen im Westen. Etwa ein Fünftel des Kirchengebiets liegt auch in Rheinland-Pfalz.
Religionsunterricht hilft, kulturelle Verschiedenheit zum Thema zu machen
Kirchenpräsident Jung sprach sich in dem Gottesdienst für einen durch die Kirchen verantworteten Religionsunterricht an Schulen aus. Nach seiner Ansicht ist Religion ein Teil des menschlichen Geistes, sagte er in seiner Predigt, in der er die Pfingstgeschichte zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen machte. Es sei deshalb wichtig, Inhalte des Glaubens „auch an die öffentlichen Schulen zu holen“. Glaube sei zudem nach christlichem Verständnis keine reine Privatsache. Der Kirche ist es nach Jung „ins Stammbuch geschrieben, dass die Rede von Gott öffentliche Rede sein soll“. In der Schule dürfe Religionsunterricht aber nicht als Verkündigung geschehen, sondern als „intensive Auseinandersetzung mit den Inhalten“. Dazu gehöre es auch, „sich den Fragen der Kritiker und auch denen der Skeptiker und Spötter zu stellen“.
Jung: Rückfall in neue Nationalismen macht Angst
Angesichts einer immer bunter werdenden Gesellschaft erfülle der Religionsunterricht auch eine wichtige Funktion, verschiedene Ansichten zu akzeptieren zu lernen, so Jung. „Es ist ein großes Thema unserer Gesellschaft, die neu lernen muss, mit kultureller und religiöser Vielfalt und Verschiedenheit zurechtzukommen“, sagte er. Manche setzen dabei „auf den Geist der Abgrenzung“. Dem Kirchenpräsidenten mache der Rückfall in neue Nationalismen jedoch Angst. Aus der biblischen Tradition gebe es aber auch den Hinweis darauf, „ein gutes Miteinander in aller Verschiedenheit im Vertrauen auf Gottes Geist möglich ist“. Dies bedeute aber auch, darauf zu vertrauen, „dass Gottes Geist auch Menschen erfüllen kann, die meinen Glauben nicht teilen“. Sie kann dazu beitragen, dass Leben gelingt.
Fakten: Über 6000 Religionslehrerinnen und Religionslehrer im Kirchengebiet
In der EKHN werden pro Jahr rund 200 Lehrerinnen und Lehrer in zwei großen Gottesdiensten bevollmächtigt. Über 6000 Lehrkräfte unterrichten im Kirchengebiet derzeit evangelische Religion. Dazu kommen rund 950 Gemeindepfarrerinnen und -pfarrer mit Aufträgen im Schuldienst sowie fast 200 hauptamtliche Schulseelsorgerinnen und -seelsorger. Für die Förderung und Begleitung der religionspädagogischen Arbeit hat die EKHN fünf Kirchliche Schulämter und seit 2015 gemeinsam mit der benachbarten Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) das Religionspädagogische Institut in Marburg mit sechs regionalen Arbeitsstellen im Kirchengebiet eingerichtet.
Hintergrund: Religionsunterricht in Deutschland
Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und die Hessische Verfassung garantieren das Recht auf konfessionellen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen. Damit übernimmt der Staat die Verpflichtung zur Einrichtung, organisatorischen Einbettung und personellen Absicherung des Religionsunterrichtes. Die inhaltliche Verantwortung für den Religionsunterricht gibt der Staat an die betreffenden Kirchen ab. Sie sind für die Themen der Lehrpläne, für die vermittelten Inhalte, für die verwendeten Unterrichtswerke und die fachliche Integrität und Qualität der Lehrkräfte verantwortlich. Gleiche Bedingungen gelten für den zuletzt eingeführten islamischen Religionsunterricht, der aus Sicht der EKHN einen wichtigen Beitrag zur Integration der muslimischen Gläubigen in die Gesellschaft bei gleichzeitiger Wahrung ihrer Identität leistet und zur Weiterentwicklung des interreligiösen Dialogs beiträgt.