Reformationstag 2022
Kirche der Hoffnung gegen die Angst
Im Reformationsgottesdienst in der Gießener Johanneskirche plädierte der Gießener Dekan André Witte-Karp am Montagabend dafür, mit den Opfern von Krieg, Flucht und Umweltzerstörung „solidarisch zu bleiben, auch wenn es schwerer wird“. In seiner Predigt sagte er, „die Menschen in der Ukraine brauchen in ihrem Kampf gegen Tod und Terror weiterhin die Unterstützung vieler anderer Länder, damit wirklich Frieden werden kann“. Aufmerksamkeit und konkrete Hilfe bräuchten aber auch die Frauen im Iran oder die Zurückgelassenen in Afghanistan und Menschen auf der Flucht, sowie diejenigen, denen es in Deutschland am Nötigsten fehlt und fehlen wird. Für zukünftige Generationen gelte es verantwortlich zu handeln, damit sie ihr Leben auf diesem Planeten noch frei gestalten können.
Am 31. Oktober erinnern Protestantinnen und Protestanten in aller Welt an den Beginn der Reformation und die Gründung der evangelischen Kirche vor über 500 Jahren. Am Tag vor Allerheiligen 1517 veröffentlichte der Mönch und Theologieprofessor Martin Luther seine 95 Thesen zu Ablass und Buße. Der Überlieferung nach soll er seine Ideen an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg angeschlagen haben, um eine akademische Diskussion auszulösen. Damit leitete Luther die Reformation der Kirche ein.
Kirche im besten Sinn politisch
In seiner Predigt trat Witte-Karp für eine Kirche ein, die aus Gottvertrauen gerade in den gegenwärtig krisenhaften Zeiten der Angst entgegentritt, Menschen Hoffnung vermittelt und sie so zum Handeln ermutigt. „Eine solche Kirche ist heute eine Kirche, die in die Welt und in ihre Konflikte geht. Das meint dann im besten Sinne politisch.“
Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs sagte der Dekan: „In all den Krisen unserer Zeit haben wir es mit konflikthaften und konfliktreichen Abwägungen zu tun.“ Einfache, friedliche Lösungen, bei denen man sich auf der richtigen Seite wähnen könne, gibt es nicht, so Witte-Karp. „Wir sind mit Krisen und Konflikten konfrontiert, in denen wir, egal wie man sich positioniert, um Schuld und Sünde nicht herumkommt.“
Die befreiende Botschaft des christlichen Glaubens für die Gegenwart laute, dass Menschen nicht die Welt retten müssen, sondern dass sie das Gott überlassen können. Eine Kirche der Hoffnung aber ermutige die Menschen das ihnen Mögliche für den Frieden und die Freiheit zu tun.
Im Anschluss an den Gottesdienst lud das Evangelische Dekanat zum Jahresempfang in der Johanneskirche ein. Dazu waren Mitarbeiterinnen des Gießener Klimaschutz-Managements eingeladen, um über ihre Arbeit zu berichten und auf Möglichkeiten der Vernetzung von Kirche und Gesellschaft beim Umweltengagement hinzuweisen.