Konfirmanden an Gießener "Stolpersteinen"
Video Konfirmanden auf den Spuren ermordeter Juden
Um Antisemitismus und Geschichtsfälschung widersprechen zu können, muss man die Geschichte kennen. Auch die im eigenen Ort oder Stadtteil. „Stolpersteine“ weisen auf während der Nazi-Zeit verschleppte und ermordete Juden hin. Die Pfarrerinnen der Michaelsgemeinde in Wieseck führen ihre Konfirmanden regelmäßig in die Geschichte vor der eigenen Haustür. Jetzt haben die Konfis wieder bei einem Rundgang der Juden gedacht, die einst hier lebten. Sie gingen mit den Pfarrerinnen Carolin Kalbhenn und Iris Hartings zu den an fünf Stellen seit 2009 verlegten Erinnerungssteinen.
Moment der Stille und des Gedenkens
Ursula Schroeter, eine Wieseckerin, die Mitglied der Gießener Koordinierungsgruppe für die „Stolpersteine“ ist und die Schicksale der Wiesecker Juden recherchiert hat, begleitete sie. Die Konfis hatten sich vorbereitet. Im Unterricht hatten sie kleine Präsentationen zu den jüdischen Personen erstellt und stellten sie den anderen Jugendlichen an den Stolpersteinen vor. Nach der Information, einem Moment der Stille und gedenkenden Worten der Pfarrerinnen entzündeten die Jugendlichen Kerzen.
Erinnern ist Teil des Konfirmandenunterrichts
„Der Gedenkgang zu den Stolpersteinen bildet bei uns eine vierteilige Konfi-Einheit“, erklärt Pfarrerin Hartings. In der ersten Stunde ging es um die geschichtlichen Hintergründe der NS-Zeit und Zeitzeugenberichte jüdischer Menschen aus der NS-Zeit. Dann haben sich die Konfis mit den Biografien der Menschen auseinandergesetzt, für die die „Stolpersteine“ verlegt wurden. „Der Vorschlag, eine Kerze zu entzünden und der Menschen zu gedenken kam von den Konfis selbst“, so Iris Hartings. Der Anschlag auf die Synagoge in Halle im Oktober habe für eine zusätzliche Aktualität gesorgt.
Erschreckt über den akutellen Hass
Für die 13- bis 14-Jährigen ist das Dritte Reich weit weg. Selbst Ihre Großeltern haben den Krieg nicht mehr erlebt. Trotzdem ist ihnen die dunkelste Zeit der deutschen Geschichte nicht fremd. Nicht nur dank der Schule. Ein Konfirmand hat mit seinen Eltern das Konzentrationslager Buchenwald besucht. »Ein trauriger Ort«, sagt der Jugendliche und erinnert sich etwa an die Bilder der Anlage, von der die Toten in die Gräber hinabgelassen wurden. Oder die »Blutstraße«, zu deren Ausbau die Häftlinge von der SS gezwungen wurden. »Einfach schrecklich«, sagt Julius. Nachdem Anschlag in Halle waren die Konfirmanden umso erschreckter, dass Hass heute wieder dazu führt, anderen Menschen das Leben nehmen zu wollen.